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Replik eines Stalin-Reliefs in der Moskauer U-Bahn installiert

Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Abriss eines umstrittenen Reliefs, das den sowjetischen Diktator Josef Stalin darstellt, hat die Moskauer Metro anlässlich ihres 90. Geburtstags eine Nachbildung des Werkes erhalten. Das Relief mit dem Titel „Dankbarkeit des Volkes gegenüber dem Führer und Kriegsherrn“ wurde an der Station Taganskaja auf der braunen Ringlinie, auch bekannt als Linie 5, installiert. Tausende Passanten zeigten sich überrascht und fotografierten das Denkmal, dessen Original in den 1960er Jahren im Zuge der Abkehr vom Stalinismus abgerissen wurde.

Die Einweihung des Reliefs fand am 15. Mai 2023 statt, dem Jahrestag der offiziellen Inbetriebnahme der Moskauer Metro im Jahr 1935. Die Entscheidung, das umstrittene Werk nachzubilden, hat in der Bevölkerung gemischte Reaktionen ausgelöst. Kritiker, darunter Menschenrechtler und Historiker, werfen den aktuellen Machthabern in Russland Geschichtsvergessenheit vor und erinnern daran, dass Stalin für den Tod von Millionen Menschen verantwortlich gemacht wird. Diese Rückkehr zu Symbolen des Stalinismus wird von vielen als problematisch angesehen.

Kritik von Oppositionspolitikern

Die liberale Oppositionspartei Jabloko äußerte scharfe Kritik an der Entscheidung der Stadtverwaltung. Maxim Kruglow, ein Vertreter der Partei, erklärte, dass die Rückkehr solcher Symbole nach Moskau eine klare Missachtung des Willens der Bürger darstelle. Er bezeichnete die Einweihung des Reliefs als „Verspottung der Geschichte“ und als „Verhöhnung der Nachkommen der Unterdrückten“. Diese Äußerungen spiegeln die weit verbreitete Besorgnis über den Umgang mit der Geschichte und die Wiederbelebung von Symbolen wider, die für viele Menschen mit Unterdrückung und Leid verbunden sind.

Das Relief wurde von Alexander Sinowjew, einem Historiker der Moskauer Metro, näher betrachtet. Er stellte fest, dass die Nachbildung nicht in allen Details und nicht mit dem ursprünglichen Material sowie den Originalfarben erstellt wurde. Sinowjew erklärte, dass es sich bei der Wiederherstellung eher um eine ideologische Geste handele, bei der das historische architektonische Erscheinungsbild nicht im Vordergrund gestanden habe. Diese Anmerkung unterstreicht die Debatte über die Interpretation und Darstellung der Geschichte in der gegenwärtigen russischen Gesellschaft.

Quelle: https://orf.at/stories/3393645/